Eingewöhnung
Die meisten Meerschweinchen sind zwar an Menschen gewöhnt, dennoch werden sie zu Beginn sicherlich schreckhaft sein.
Obwohl es nach wie vor empfohlen wird, den Meerschweinchen am Anfang keinen Unterschlupf zu geben: Die Tiere sind sehr viel mutiger, wenn sie eine Rückzugsmöglichkeit haben. Ihr normales Verhalten lässt es gar nicht zu, dass sie lange im Häuschen sitzen. Noch mutiger werden sie übrigens, wenn Sie über den Käfig ein paar belaubte Zweige legen. Dann begeben sie sich ziemlich schnell auf Erkundungsgänge und Futtersuche.
- Lassen Sie den Meerscheinchen Zeit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
- Vermeiden Sie schnelle Bewegungen. Setzten Sie sich einfach ruhig vor das Gehege, um die Tiere an Ihre Anwesenheit zu gewöhnen.
- Sprechen Sie mit den Tieren leise und beruhigend. Auch wenn es vielleicht verrückt klingt: Lesen Sie ihnen einfach etwas vor - sie sollten dabei allerdings zu Beginn auf lautmalerische Geräusche verzichten.
- Sorgen Sie lediglich für die Grundbedürfnisse (Futter, Wasser, Käfigreinigung).
- Versuchen Sie nicht, die Tiere zu streicheln oder gar zu fangen. Wenn Sie in diesem Punkt ungeduldig werden, haben Sie es später um so schwerer, die Meerschweinchen wirklich zutraulich zu machen!
- Nach einiger Zeit werden sich die Meeri von sich aus an den Gehegerand begeben, um laut pfeifend um Futter zu betteln. Nutzen Sie dieses Verhalten, um ihnen einen Leckerbissen zu geben - ein paar Blättchen Petersilie, ein Stückchen Gurke oder Fenchel Speiseplan. So können Sie auch schnell feststellen, was das einzelne Meerschweinchen besonders mag.
- Um die Tiere zutraulicher zu machen, versuchen Sie es mit Futterspielen.
- Sind die Tiere erst mal soweit, dass sie Ihnen aus der Hand fressen, können Sie versuchen, sie vorsichtig - erst mal nur mit einem Finger - zu streicheln. Lassen Sie dem Meerschweinchen dabei immer eine Fluchtmöglichkeit - und seien Sie nicht enttäuscht, wenn es davon Gebrauch macht!
Die Hinweise beziehen sich auf eine Meerschweinchengruppe, die sich bereits kennt. Haben Sie die Tiere einzeln erworben oder ein neues Tier zu einer Gruppe dazu gesetzt, sollten Sie sich zusätzlich die Infos zur Vergesellschaftung ansehen.
Hochheben
Die meisten Meerschweinchen mögen es nicht, wenn man sie hochhebt. Dennoch sollten Sie es trainieren, denn es gibt diverse Fälle, wo es notwendig ist: Tierarztbesuch, Setzen in die Transportkiste, Gesundheitskontrolle.
Ich hatte mit der nachfolgend beschriebenen Vorgehensweise meistens Erfolg. Akzeptieren Sie es, wenn das Meerschweinchen zu Beginn eines neues Schrittes erschreckt davon springt und versuchen Sie es geduldig weiter. Es klappt aber nicht immer: Shirin ergreift nach wie vor die Flucht, sobald ich sie mit dem Finger am Bauch berühre. Da jedoch auch sie schon ab und zu mal in die Transportkiste muss, sorge ich dafür, dass sie keinen Ausweg mehr hat und greife sie dann schnell mit beiden Händen. Das erscheint mir immer noch schonender als eine wilde Jagd durchs Gehege.
- Steigt ihr Meerschweinchen mit den Vorderpfoten auf ihre Hand, beginnen Sie, es mit dem Finger unter dem Bauch zu streicheln.
- In der nächsten Phase nehmen Sie die zweite Hand dazu und schieben sie kraulend unter den Bauch. Üben Sie dabei nach und nach mehr Druck aus.
- Hat sich das Tier daran gewöhnt, heben Sie es ein Stückchen (1-2 cm) an. Nicht zu weit, denn zum korrekten Hochheben benötigen Sie auch die zweite Hand dazu.
- Bleibt das Tier einigermaßen ruhig, wenn Sie es ein Stückchen hochheben, schieben Sie die zweite Hand unter das Hinterteil.
- Heben Sie mit beiden Händen das Tier an - auch hier nicht zu hoch, da es ja immer noch davon springen kann.
- Erst am Ende sichern Sie das Meeri, indem Sie die Daumen über den Rücken legen. Dann können Sie es auch zu sich hochheben. Stützen Sie das Meeri gegen ihre Brust, gleichzeitig sichern ihre Hände das Tier immer noch von unten und gegen Fluchtversuche.
Routine
Egal, was Sie sich für Ihre Meerschweinchen alles einfallen lassen: Einige Dinge gehören zur Routine, tagtäglich oder wöchentlich.
- Täglich:
- Frisches Futter - dazu gehört vor allem Heu, Heu und nochmal Heu - und Wasser. Saftfutter sollten Sie mehrmals täglich reichen, Körnerfutter dagegen nur einmal oder auch gar nicht. Einen Überblick über Futter und Rationen finden Sie unter Speiseplan.
- Altes Saftfutter entfernen - angegorenes Futter führt schnell zu Krankheiten.
- Futternäpfe und Trinkflaschen reinigen - bei Näpfen mit Spülmitteln (gründlich nachspülen!), Trinkflaschen nur mit heißem, klarem Wasser (aus den dünnen Röhren kriegen Sie das Spülmittel ohne Zerlegen nicht vernünftig raus - siehe Wöchentlich)
- Gesundheitscheck:
- Kommen wirklich alle Tiere, wenn Sie frisches Futter geben?
- Wirkt eines der Tiere schlapp?
- Sind im Fell kahle Stellen zu sehen? (eine kleine kahle Stelle hinter dem Ohr ist normal!)
- Sind die Augen klar?
- Sieht das Fell an der Brust oder um das Mäulchen herum verklebt aus?
- Ist ein Tier verletzt oder humpelt?
- Niest oder hustet eines der Tiere?
- Frisst das Tier tatsächlich oder kaut es nur auf dem Futter herum bzw. fällt das Futter wieder aus dem Mäulchen?
- Bei langhaarigen Meerschweinchen: bürsten
- stark verschmutzte Einstreu entfernen
- Wöchentlich
- Reingung:
- Trinkflasche: zerlegen und mit Spülmittel reinigen, dabei gründlichst nachspülen. In den dünnen Röhrchen können sich Algen bilden, die vor allem zu Durchfall führen.
- Gehege: Einstreu vollständig entfernen, die Bodenschale mit heißem Wasser und heißem Sodawasser auswaschen, trocknen und frisch einstreuen. Gitterstäbe und/oder (Plexi)glas sollten dabei von Zeit zu Zeit mitgereinigt werden.
Eine Desinfektion des Geheges einschl. der Ausstattung sollten Sie nur auf Anraten des Tierarztes (z.B. bei Parasitenbefall) durchführen. Der Tierarzt wird Ihnen auch ein Desinfektionsmittel bzw. ein Rezept dafür mitgeben oder zumindest eine Empfehlung abgeben, welches Mittel sinnvoll ist.
- Häuschen: mit heißem Wasser und heißem Sodawasser abschrubben, anschließend gründlich trocknen lassen.
- Gewicht kontrollieren: Nicht nur durch Augenschein, sondern durch Wiegen. Nur so können Sie wirklich zuverlässig feststellen, ob das Tier noch ausreichend frisst. Gewichtsschwankungen von einigen Gramm (je nach Grundgewicht des Tieres) sind dabei völlig normal. Sollte das Gewicht allerdings kontinuierlich nach unten gehen oder abrupt um 5 - 10% gesunken sein, ist das ein Alarmsignal (z.B. für Zahnprobleme oder einen Infekt). Umgekehrt sollten ausgewachsene Tiere auch nicht ständig zunehmen - verzichten Sie auf dann auf kalorienhaltiges Futter. Das gilt natürlich nicht für trächtige Weibchen oder heranwachsende Jungtiere!
- Krallenlänge prüfen: sich auf- oder einrollende Krallen müssen Sieschneiden.
- intensive Fellkontrolle: Fahren Sie durch das Fell und achten Sie auf dabei auf Verklebungen (besonders um die Afteröffnung und am Kinn), Knötchen oder Schwellungen in der Haut und kahle Stellen.
- Zahnkontrolle: Prüfen Sie, ob die Schneidezähne noch waagrecht aufeinanderstehen.
Sollte das nicht mehr der Fall sein, müssen Sie unbedingt einen Tierarzt aufsuchen. Meist sind dann nicht nur die Schneidezähne, sondern das Gebiss insgesamt nicht in Ordnung. Versäumen Sie dies, kann es passieren, dass Ihr Meerschweinchen vor einem vollen Napf verhungert, weil es schlicht und ergreifend nicht mehr kauen kann! Sie können außerdem davon ausgehen: Musste das Meerschweinchen einmal wegen Zahnproblemen zum Tierarzt, wird die Behandlung etwa alle drei Monate wieder fällig (siehe auch die Hinweise unter Rassen)!
- Reingung:
Meerschweinchenpflege
Krallen schneiden
Zu lange Krallen führen mittelfristig zu einer Verkrüppelung der Pfoten bzw. der Beine. Sollten sich Krallen also ein- oder aufrollen, müssen sie gekürzt werden. Lassen Sie sich das Schneiden von einer erfahrenen Person zeigen. Einfacher ist es zu zweit, besonders wenn die Tiere diese Prozedur nicht kennen und anfangen zu zappeln!
Zum Schneiden können Sie spezielle Krallenzangen oder -scheren benutzen. Andere greifen auf Nagelclipser zurück.
- Setzen Sie das Meerschweinchen auf Ihren Schoss und halten Sie es gut fest oder drücken Sie es mit dem Rücken gegen Ihre Brust.
- Halten Sie die jeweilige Pfote zwischen zwei Fingern. Passen Sie auf, wenn das Meerschweinchen zu zappeln anfängt - lassen Sie dann lieber die Pfote los, sonst riskieren Sie Verrenkungen oder gar Brüche!
- Spreizen Sie die Pfote ein wenig, um vernünftig an die einzelne Kralle heranzukommen.
- Schneiden Sie die Kralle schräg ab. Kürzen Sie nicht zu weit, sonst verletzen Sie die Blutbahn (das «Leben»), die in der Kralle verläuft. Bei hellen Krallen ist diese Blutbahn ganz gut zu erkennen. Bei dunklen Krallen ist es dagegen ziemlich schwierig: Drücken Sie die Zange zusammen, ohne zu schneiden. Reagiert das Tier zappelig oder fiept es gar, sind Sie mit großer Wahrscheinlichkeit dicht am Leben.
Sollten Sie versehentlich doch einmal das Leben getroffen haben, stoppen Sie die Blutung mit einem Wattestäbchen, das Sie in ein Desinfektionsmittel getaucht haben.
Legen Sie flache Steine vor den Eingang der Häuschen oder bauen Sie Steintreppen. Auch Holz oder Kork, über das die Tiere klettern müssen, sind hilfreich. Die Krallen nutzen sich auf natürliche Weise ab und sie ersparen sich diese mühselige Prozedur oder können zumindest die Zeitabstände vergrößern.
Fellpflege
Kurzhaarige Meerschweinchen benötigen keine Fellpflege durch den Menschen. Es genügt ihre eigene «Körperwäsche». Lediglich bei Verklebungen sollten Sie die Haare entweder auseinanderkämmen oder abschneiden. Wichtiger als die Pflege ist aber die Ursachenerforschung!
Anders sieht es bei langhaarigen Rassen aus: Die langen Haare verfilzen recht schnell durch hängengebliebene Heuteilchen o.ä. Sie müssen regelmäßig gebürstet werden, insbesondere am Hinterteil, wo durch Kot und Einstreu die Haare besonders schnell verschmutzen. Benutzen Sie am besten eine Bürste mit abgerundeten Naturborsten - bei Kunststoffborsten laden sich die Haare elektrisch auf und ihr Meerschweinchen sieht dann aus wie ein Igel!
Sollten Sie diese Pflege mal übersehen haben und die Haare sind wirklich verfilzt, hilft nur noch das schneiden am Haaransatz. Heben Sie den Filz vorsichtig von der Haut und benutzen Sie zum Schneiden eine an den Spitzen abgerundete und nach oben gebogene Schere.
Gehen Sie mit ihren Meerschweinchen nicht auf Schauen, können Sie das Fell auch regelmäßig kürzen auf etwa 1 - 2 cm über dem Boden.
Baden: Wenn es der Tierarzt verordnet hat (z.B. zur Parasitenbekämpfung) oder das Fell durch Durchfall verklebt ist, können Sie das Meerschweinchen baden (handwarmes Wasser und mildes Shampoo bzw. Parasitenmittel). Trocknen Sie das Tier hinterher gut ab, noch besser fönen Sie es trocken (Fön nicht zu heiß einstellen!). Ansonsten verzichten Sie besser auf Baden: Es ist für Meerschweinchen unnatürlich und ein großes Risiko für eine Erkältung.
Augen, Nase und Ohren
Wenn Sie in diesem Bereich Verklebungen oder Schorf feststellen, ist es Zeit für einen Tierarztbesuch. Möchten Sie die Verklebung vorher schon beseitigen (was übrigens nicht sinnvol ist, da es dem Tierarzt eine Diagnose erschwert), benutzen Sie ein feuchtes, unparfümiertes Kosmetiktuch.
Verwenden Sie zur Reinigung der Augenpartie keinesfalls Kamillenlösung (gilt übrigens nicht nur für Meerschweinchen). Diese führt zu Augenreizungen.
Beschäftigung
Halten Sie Ihre Meerschweinchen artgerecht, brauchen die Tiere im Grunde keine zusätzliche Beschäftigung. Wenn es Ihnen und natürlich den Tieren aber Spass macht, ist manches möglich:
- Machen Sie mit den Meerschweinchen Spiele.
- Verschaffen Sie ihnen zusätzlichen Platz und Bewegung durch einen Freilauf.
- Gestalten Sie die Ausstattung abwechslungsreich und ändern Sie diese immer mal wieder.
Ein Meerschweinchen wird alt ...
Von «alt» kann man bei Meerschweinchen ab einem Alter von ca. 5 Jahren sprechen. Ab diesem Alter sollten Sie einige Dinge bedenken:
- die Beweglichkeit und Gelenkigkeit ist eingeschränk: große Sprünge und scharfe Kurven sind nicht mehr möglich. Daran sollten Sie vor allem bei Spielen und der Käfigausstattung (Verwendung von Ebenen und Hindernissen) denken.
- das Schlafbedürfnis ist größer: ältere Tiere ruhen mehr, alles (auch das Fresse) läuft gemächlicher ab. Haben Sie alt und jung gemischt, sollten die Tiere einen Rückzugsraum haben (z.B. ein Häuschen in einer Ecke), damit die Jungtiere rumwuseln können, ohne ständig die Älteren zu stören.
- ältere Tiere sind krankheitanfälliger: der Gesundheitscheck ist umso wichtiger, je älter die Tiere werden, das gilt ganz besonders für die Zahn- und Gewichtskontrolle.
- Senioren sind schlechtere Futterverwerter durch einen veränderten Stoffwechsel. Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente werden oft nicht mehr in ausreichender Menge aufgenommen. Hier helfen z.B. zerkleinerte Luzernepellets, die Sie geziehlt an die Senioren verfüttern. Im Extremfall müssen Sie auf Aufbaukost zurückgreifen: Babybrei (Karotte, Apfel, Banane) gemischt mit Vitaminpräparaten (welche, sollten Sie mit Ihrem Tierarzt absprechen: nicht alle Vitamine können bedenkenlos in unbegrenzten Mengen gefüttert werden) und zerkleinerten Pellets.
- Durch den veränderten Stoffwechsel wird die Haut an den Ballen brüchiger - weiche Einstreu ist bei einem Senior besonders wichtig, sonst leidet das Tier schnell unter Ballenentzündungen.
- Auch die Fähigkeit des Temperaturausgleichs wird schwächer - wie bei Jungtieren ist die Bodentemperatur besonders wichtig (ca. 24 - 26°).
- Linsentrübungen und Nachlassen des Gehörs in bestimmten Frequenzbereichen können auftreten. Die Tiere werden dadurch wieder schreckhafter: schnelle Bewegungen Ihrerseits sind bei Senioren tabu. Auch der Kontakt zu den anderen Meerschweinchen kann darunter leiden.
- Die Kotabsetzung kann durch Veränderung der Perinealdrüse erschwert werden. Lassen Sie sich vom Tierarzt zeigen, wie Sie die Drüse reinigen können.
- Der Haarzyklus findet nicht mehr regelmäßig statt. Dadurch kann es zu kahlen Stellen im Fell kommen.
Nicht zuletzt: Solange ein Tier schmerzfrei ist, kann es weiterhin mit seiner Sippe leben. Aber:
Tierliebe zeichnet sich auch dadurch aus, ein Tier nicht leiden zu lassen, nur weil der Abschied für uns schmerzhaft ist.